Viele Monate des Reisens sind bereits vergangen, doch es ist noch nicht vorbei. Macht man sich auf die Suche, dann findet man ueberall Abenteuer! Nur los gehen muss man. Und genau das habe ich wieder vor. Wohin? Einfach immer der Nase und dem Herzen nach. Für Interessierte gibt es hier die Fortsetzung von sabsbabsundanneinaustralien.blogspot.com!

Monday, September 16, 2013

Mottorradtrip nach Tschechien

Unser zweiter Trip war ganz anders. Jaak hatte sich vor ein paar Wochen endlich ein langersehntes, kleines und gebrauchtes Motorrad für 700 Euro gekauft (125´er), es ein bisschen repariert und nun sollte es auf seinen ersten, langen Trip gehen. Gerade als wir los fahren wollten, fing es an zu regnen und wir waren uns nicht mehr sicher, ob wir wirklich fahren sollten. Ein Motorrad hat ja bekanntlich kein Dach. Sollten wir da nicht doch lieber hier im Warmen und Trockenen bleiben?

Alles bereit, Lederjacken an und Helme in Reichweite. Aber der Regen...
Aus Erfahrung wussten wir, dass unsere Hintern schmerzen würden. Deshalb bearbeiteten wir den Sattel ein wenig...
Es dauerte mindestens eine Stunde, bis der Regen etwas nachgelassen hatte. Im Internet schaute ich nach dem Wetter in allen Orten auf unserem Weg - würden wir einen ungefähren Zeitplan einhalten, sollten wir in keinen Regen kommen! Wir würden also fahren, es war beschlossen.

Ein bisschen Erfahrung hatten wir ja schon - auf einem genauso kleinen Motorrad waren wir damals durch die Berge in den Phillipinen gereist, als man uns violettes Benzin aus Coca-Colaflaschen verkaufte und Jaak unter Herzklopfen über eine schmale Hängebrücke fahren musste.

Ganz so aufregend wurde unser jetziger Trip nicht. Dafür waren sich die Länder, die wir durchkreuzten, eben doch zu ähnlich. Wir fuhren viel, wir fuhren weit, wir fuhren lang. Und anders als in den Phillipinen, nahmen wir uns kaum die Zeit für lange Pausen. Schon nach dem ersten Tag taten unsere Hintern, trotz selbst gepolstertem Sattel, so weh, dass wir beschlossen mit dem Bus weiter zu fahren. Bewegungsfreiheit gibt es auf einem Motorrad nicht und da der Sattel nicht besonders lang war, sass ich gewöhnlich auf dem Gepäckträger, was die Schmerzen wohl noch verstärkte. Wir wollten nach "Brno" in Tschechien kommen, aber es schien, als würden wir das so niemals schaffen. 


Aber jeden Morgen nach dem Aufwachen schien alles wieder leuchtend und positiv, wir konnten es schaffen! Die Hintern taten nicht mehr weh und auch sonst erschienen 3500 km (Hin- und Zurück) gar nicht mehr so lang. Dann nahmen wir uns immer wieder vor, doch noch diesen einen Tag mit dem Motorrad durchzuhalten.

Dadurch wurde unser Trip durch ganz andere Beweggründe angestachelt, als es normalerweise bei uns der Fall ist. Es ging nicht mehr so viel um die Schönheit der Natur oder um das Kennenlernen von Menschen und Orten. Vielmehr ging es darum, unseren eigenen, inneren "Schweinehund" zu überwinden, stark zu sein und ehrgeizig diesen begonnenen Weg zu Ende zu bringen. Und dann wartet am Ziel das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben.

Am ersten Tag waren wir noch die romantischen Träumer, die nur die allerkleinsten Holperstrassen fuhren, da man dort viel schönere Dinge sehen könnte, als an einem grossen, vielbefahrenen Highway. Aber auch wenn unser Motorrad ein "Dirt Bike" war, extra gemacht für Steine, Matsch und holprige Strassen, selbst mit einem Tempo von durchschnittlich 20 km/h, fielen wir ein paar Mal fast auf die Nasen. Eine Schicht von losen Kieselsteinen verhinderte, dass die Räder Halt fanden.
Erster Stop schon nach einer Stunde, weil ein paar Schrauben lose sind. Würde das kleine, gebrauchte Motorrad den ganzen Weg bis nach Tschechien durchhalten?
Nach dieser Erfahrung konzentrierten wir uns nun auf Strassen, die nicht zu gross waren, aber auch nicht zu klein. Nach ungefähr einer Stunde mussten wir bereits Pause machen um ein paar Schrauben am Motorrad wieder fest zu ziehen, die lose geworden waren. Zweifel waren da. 
Sollten wir diesen Trip wirklich machen oder doch lieber wieder zurück fahren? 
Der Weg nach Hause war tatsächlich viel kürzer, als der Weg nach Tschechien...
Aber vielleicht nur noch ein kleines Stückchen, dann könnten wir ja immer noch umdrehen und zurück fahren...
Pause am Strassenrand

Als es Abend wurde und wir eine Unterkunft brauchten, war die Liste mit den bezahlbaren Unterkünften weg, die ich mir extra geschrieben hatte. Zelten konnten wir nicht, da Schlafsäcke, Isomatten und ein Zelt unmöglich auch noch zu uns Beiden auf das Motorrad gepasst hätten und so mussten wir uns auf mein Gedächtnis verlassen. Eine winzige Tasche, festgezurrt auf dem Benzintank vorne und ein 20 Liter Rucksack auf meinem Rücken, waren alles, was wir für uns Beide die zwei Wochen hatten.



Zum Glück erinnerte ich mich noch ungefähr an den Stadtnamen der ersten Unterkunft. 
Genauso wie dieser Abend, würden auch fast alle anderen Abende ablaufen.
Nach sechs oder sieben Stunden Fahrtzeit, hatten wir maximal 350 km geschafft. Schneller als 70 oder 80 km/h konnten wir zu zweit nicht fahren.
Ein oder zwei weitere Stunden brauchten wir, um uns nach Strassennamen und Unterkünften durchzufragen. An diesem ersten Abend half uns ein alter Lette, mit dem Jaak sich in gebrochenem Russisch unterhielt und wir fanden die Unterkunft relativ schnell.
Es war ein schönes Resort auf dem Land, dass sowohl ein Hotel, wie auch ein Hostel anbot. Die Dame an der Rezeption sprach Deutsch.




Am nächsten Tag fuhren wir von Lettland nach Litauen und übernachteten in der Stadt Kaunas. Glücklicherweise war die Liste mit den Unterkünften wieder aufgetaucht. Das hiess, dass wir ohne Karte und ohne Internet nun nach einem bestimmten Hostel suchen mussten. Das Billigste, dass ich extra vorher heraus gesucht hatte. Bald fanden wir heraus, dass wir nur nach der Fussgängerzone suchen mussten und als wir dort ankamen, erschien alles ganz einfach! Ich lief und lief und lief und lief. Die richtige Strasse war gefunden, aber die Hausnummer stimmte nicht! Wie konnte diese Strasse nur so lang sein? Erst hinterher stellte sich heraus, dass die Stadt Kaunas sich mit seiner 2,5 km langen Fussgängerzone rühmt! Welch ein Grund zur Freude, wenn man an´s andere Ende muss...

Eine versteckte Tür
Als ich das Hostel endlich fand, war es in einer düsteren Ecke, in der sich Menschen heimlich zum Rauchen trafen, weil das in der Fussgängerzone verboten war...



Und als ich die düsteren, alten Treppen hinaufgestiegen war, stand ich nur vor einer verschlossenen Tür mit dem Schild des Hostels, an der aber nicht einmal eine Klingel war. 15 Minuten stand ich vor dieser Tür und klopfte an, einen weiteren Eingang gab es nicht. Dann lief ich den langen Teil der Fussgängerzone wieder zurück zu Jaak, es hatte keiner aufgemacht.

Als wir später durch ein Telefonat das letzte Zimmer im kleinen 15-Personenhostel bekamen, stellte es sich allerdings als schön und gemütlich heraus. Noch dazu war der, nun eindlich erschienen Eigentümer, ein unglaublich netter Litauer, der uns eine Stunde lang half einen Motorradparkplatz zu finden und letztendlich entschied, wir sollten es doch einfach im Treppenhaus parken. Dieses war wiederum so klein, dass die Tür nur noch halb auf ging, aber da es ihn nicht störte, störte es uns auch nicht.



Ausgiebig schauten wir an diesem Abend im Internet nach Bussen, die nach Tschechien fuhren. Es schien unmöglich, noch länger auf diesem Sattel zu sitzen, auf welchem die Beine und der Hintern langsam einschliefen.
Aber die Reise mit dem Motorrad war billiger, die Motivation am nächsten Tag wieder da und so ging es weiter.



An diesem Abend kamen wir nach Polen und übernachteten in der Stadt "Bialystock".
Ich hatte in meinen ganzen Leben noch nie so viel Strassenbau gesehen wie auf dieser Reise. Egal wo wir hinkamen, wurde das Bild durch offene Strassen verunstaltet und kein Ort erschien dadurch wirklich schön. Einmal warteten wir insgesamt 3 Stunden an ca. 15 verschiedenen Baustellenampeln, an nur einer einzigen Strasse!

Überall matschige, offene Strassen durch den Umbau...
Unser Hostel war diesmal so sehr versteckt, dass selbst die Polen, die in der selben Strasse lebten, es nicht kannten. Aber ein netter Vater mit seinem kleinen Sohn, rief Freunde an, um sie nach dem Weg zu fragen und führte uns letztendlich dorthin.
Hier blieben wir zwei Nächte und als ich am nächsten Tag mit einem amerikanischen, viel redendem, alten Rentner auf Reisen, durch die Stadt zog, fand ich doch noch einige schöne Ecken, in dieser sonst so grauen Stadt!

Der Schlosspark
Polen ist gross und wir brauchten ein paar Tage, um es zu durchqueren.
Die Unterkunftssuche am nächsten Tag, raubte uns einige Nerven. In "Lodsch" waren wir nun und wie jeden Abend, fragte ich mich nach dem Weg durch. Leute zückten anteilnehmend ihre "Smartphones" und "iPads" und suchten für uns die richtige Strasse. Wussten sie es nicht, riefen sie Freunde an oder fragten die nächsten Passanten auf der Strasse, so dass bald eine Traube von fünf oder sechs Menschen um uns herum stand und auf polnisch über den richtigen Weg diskutierte.
Ich war gerührt und erlebte die Polen in dieser kurzen Zeit als nette, herzliche Menschen!
Aber scheinbar wusste es keiner wirklich, alle schickten uns trotzdem irgendwo hin, dann schickten uns die Nächsten wieder zurück und nach einer Stunde waren wir genervt und noch immer ohne wirklichen Anhaltspunkt!

Motorradhelmfrisur ;)
Da ging ich in ein grosses, gläserenes Gebäude und traf drei ernst aussehende Securitymänner und -frauen an, vor denen ich ein wenig Respekt hatte und nicht wusste, ob ich sie wirklich fragen sollte.
Oh, aber was wurde es lustig! Sie sprachen kein Deutsch und kein Englisch, ich kein Polnisch und kein Russisch. Also zückten sie Stift und Zettel und malten den Weg auf, der so lang und kompliziert erschien, dass man ihn kaum finden konnte. Von unten nach oben malte er, dann von links nach rechts und als das Blatt voll war, malte er einfach in einer zweiten Schicht darüber, so dass ich am Ende gar nichts mehr erkennen konnte!
Aber tatsächlich - es dauerte nicht lange und wir fanden unsere Unterkunft!

Na, wer würde bei einer solchen Karte nicht den Weg finden?

Wieder einmal eine traumhafte Nachbarschaft
Ich könnte noch viele Geschichten erzählen, von der Suche nach einer Unterkunft. Denn in zwei Wochen, passierte es täglich wieder, dass wir mindestens 2 Stunden nach unserem Hostel suchten.
Vielleicht wäre es doch sinnvoll ein Gerät mit Internetzugang zu besitzen, sei es ein Laptop, ein I-phone oder Ähnliches? Aber wie viele Menschen weniger hätten wir dann angesprochen, wie viele nette Begegnungen nicht gehabt, in denen Leute uns ausholfen?
Einmal ging ich in einen kleinen Laden um nach einem Internetcafe zu fragen, wobei sie mir gleich ein kleines Mädchen als Dolmetscherin anboten. Da führten sie mich in ihre privaten Zimmer, boten mir Kaffee und Kuchen an, erkundigten sich nach meiner  Reise und liessen mich ihren Computer nutzen! Ich war so gerührt, dass ich gar nicht wusste wie ich ihnen danken könnte, denn auch Geld wollten sie nicht.


Pause

Und nach sechs Tagen und mehr als 1500 km, waren wir tatsächlich in Brno, in Tschechien angelangt! Die Preise waren mittlerweile so günstig, dass wir sogar in einfachen Hotels schliefen. (Zumindest gaben sie sich als Hotels aus, waren dann aber, wie hier, doch nur ein Studentenheim oder Ähnliches).

Endlich angekommen!
Wäsche trocknen ohne Wäschetrockner
Ein paar Tage blieben wir hier und liessen das Motorrad von einem Mechaniker gründlich durchtesten. Ein paar Abnutzungserscheinungen waren erkennbar  und wurden erneuert.
Dann ging es wieder zurück Richtung Estland.
Auf unserem Hinweg hatten wir ein traumhaft schönes Fleckchen Erde gefunden, ganz im Nord - Westen Tschechiens! Deshalb buchten wir dort sogar eine Unterkunft im Voraus und konnten es kaum erwarten, auf unserem Rückweg dort wieder vorbei zu kommen.
Schmale Bergstrassen wanden sich durch eine Gegend, in der wir immer wieder kleine, gemütliche Örtchen, mit alten, individuell gestalteten Häusern durchquerten. Die Sonne schien und liess alles noch viel schöner erscheinen. Ein kleiner Bach plätscherte fröhlich vor sich hin und begleitete uns den ganzen Weg hinab in´s Tal.
Wir brauchten einen ganzen Tag, um sicher die steilen, kurvigen Strassen hinab zu kommen, aber es gab so viel zu sehen, dass es nicht langweilig wurde.
In dieser schönen Gegend, schliefen wir nun in einem dörflichen Gasthaus.









Zweimal regnete es, während wir auf dem Motorrad sassen. Um nicht nass zu werden, warteten wir unter einem Baum die Schauer ab. Einmal machten wir dabei zufälligerweise direkt neben einer kleinen Dorfkneipe Halt und beschlossen, auf eine gemütliche, heisse Schokolade hinein zu gehen.

Es kam anders. Nachmittags um drei befanden sich bereits ca. 10 Männer hier in der Kneipe, bei denen man nicht wusste, ob sie das Bier fest hielten oder das Bier nur noch sie festhielt.
Einer der Betrunkenen gesellte sich gleich zu Jaak, fragte nach einer Zigarette und gemeinsam waren sie für die nächsten Minuten vor der Tür verschwunden.
Aufmerksam sass ich an einem Tisch in der Ecke, vor einem aufgebackenem Baguette und einem Kaffee (den ich normalerweise nicht trinke), denn heisse Schokolade gab es nicht. Als sich auch Jaak zu mir gesellte, brachte uns der Betrunkene netterweise zwei grosse Bier, um seine Freundschaft zu zeigen. Unmöglich, ihm ohne Sprache verständlich zu machen, dass wir es eigentlich gar nicht wollten, weil Jaak fahren musste und ich es einfach nicht mag.
Da sass ich nun vor einem ungewollten Kaffee und einem Bier und wusste gar nicht, was ich höflicherweise als Erstes hinunter zwingen sollte! Als ich später die Toilette besuchen wollte, liess ich es lieber sein. Die Tür liess sich nicht verschliessen und direkt davor standen zehn betrunkene Männer, die jeden Moment hereinplatzen könnten...
Allzu lange hielt der Regen zum Glück nicht an und wie der Blitz verliessen wir diese interessante Stätte der Begegnung.

Regenschutz im Baum
Am Tag vor unserer Ankunft in der Farm, fuhren wir einfach los, ohne zu wissen, wo die nächste Unterkunft sein könnte. Wir fuhren zur litauischen Grenze, durchquerten ganz Litauen und kamen nach über 500 km Fahrt an einem Tag, nachts um elf in Riga an. Wir waren mindestens  10 Stunden am Stück gefahren, mit kleinen Pausen, in denen wir unsere übrigen Münzen ausgaben.


 
Wir überquerten die Grenze nach Lettland genau da, wo man, westlich gelegen, direkt nach "Kaliningrad" kommen würde. Das ist allerdings ein Teil von Russland und dafür braucht man ein Visa, welches wir natürlich nicht hatten.
Jaak war damals auf seinem Fahrradtrip aus Deutschland hier vorbeigekommen und nun suchten wir wieder diese kleine Waldstrasse, die so holprig und grasbewachsen war, dass es nicht schien, als kämen wir irgendwann in Lettland an. Immer wieder standen Schilder am Strassenrand, die wir aber nicht übersetzen konnten.
Erst, als wir in Lettland ankamen und direkt an der Grenze zwei Motorradfahrer trafen, erzählten diese, wir wären auf dieser Strasse gerade durch Russland gefahren.
Sie sagten es mit einem Unterton, der besagte, wir hätten gerade etwas sehr Dummes oder etwas sehr Mutiges getan. Auf jeden Fall war es strengstens verboten und wir hätten einen Haufen Glück gehabt, dass uns keine Grenzwärter mit Waffen entgegen gekommen waren.
Dabei hatten wir ja einfach nicht gewusst, dass wir in Russland waren...



Spät Nachts in Riga angekommen, war unser Lieblingshostel doch tatsächlich ausgebucht. Wir behielten unseren spontanen Lebensstil bei und ohne Garantie auf einen Schlafplatz, liessen wir unser Zeug dort und gingen in die nächste Bar. Irgendwann würde sich schon irgendwo ein Schlafplatz ergeben und wenn nicht, dann mussten wir eben die Nacht durchmachen und draussen verbringen.

Aber wir hatten Glück. Als wir viel später zurück in´s Hostel kamen, waren ein paar Gäste nicht angereist und wir hatten einen ganzen Raum für uns zur Verfügung!
Keine Sorgen, es ergibt sich eben doch immer irgendwas und es geht immer irgendwie weiter.

Am nächsten Tag kamen wir nach 14 Tagen und ca. 3500 km wieder in Estland, in der Farm an.
Unser Leben wurde nun etwas gesitteter und ruhiger.

Estland, Landkreis "Võru"

Willkommen zurück

Monday, September 9, 2013

Roadtrip nach Lettland

War ich auch mit so wenigen Dingen nach Freiburg gekommen, zum Abschied hatte sich doch wieder ein kleiner Berg von Dingen angehäuft, die irgendwie doch gar nicht zum Überleben notwendig sind.
Was bringen einem die schönsten, grössten und teuersten Dinge, wenn sie einen doch am Leben hindern, weil man dauernd darauf achten muss, sie nicht zu verlieren oder zu zerbrechen?



Der Bus von Freiburg aus, zu dem Haus meiner Eltern in Thüringen, hatte 70 Minuten Verspätung. Ich sass neben einem 12-jährigen jungen Mann, der mich über mein Leben nachdenken liess. 16 Jahre hatte ich in meiner Kindheit in ein- und demselben Dorf verbracht und kann es nun kaum erwarten, von einem Ort zum Nächsten zu ziehen.
Dieser junge Mann neben mir war 12 Jahre alt und 20 Mal umgezogen in seinem Leben.
20 Mal an einen neuen Ort gewöhnen, 20 Mal eine neue Schule besuchen, 20 Mal neue Lehrer,
20 Mal versuchen neue Freunde zu finden. Kein Wunder, dass sein einziger Wunsch war, für mehrere Jahre an einem Ort bleiben zu können und nicht immer seine gerade gefundenen Freunde wieder einmal zurück zu lassen. Seine Mutter hatte andere Pläne - sie zog nun nach Spanien zu ihrem neuen Freund und ihr Sohn war auf dem Weg nach Hamburg, um bei seinem Vater zu leben.




Trotz Abschiedsstimmung war die Woche zu Hause sehr schön. Das Abschied nehmen hat sich für mich verändert - ich vergebe meine Tränen wohl nicht mehr an jegliche flüchtige Bekanntschaft, der ich einmal begegnet bin. Mit nahestehenden Personen ist es aber noch immer schwer, zu wissen, dass sie eine ganze lange Weile nicht bei einem sein werden. Aber jeder lebt sein eigens gewähltes Leben und ist glücklich damit - warum also Grund zur Traurigkeit?

Am 09.07.13 fuhren wir nach 2 Stunden Schlaf um 24.30 Uhr los, früh am Morgen ging mein Flug. Meine Mutter hatte sich tollerweise frei genommen, um mich zu fahren und als sich spontan auch noch meine kleine Schwester anschloss, war mein Abschiedskommitee perfekt.

Abschiedstränen, 2einhalb Stunden Flug, eine Stunde Zeitverschiebung nach vorne - und da standen auch schon Meelis und Ruby vor mir. Die zwei, die sich in Australien im selben Hostel wie wir kennengelernt hatten und letztes Jahr koreanisch heirateten. Das letzte Mal trafen wir sie in Neuseeland und jetzt bin ich sehr froh sie hier zu sehen. Ein paar Freunde zu haben macht doch das Ankommen einfacher, selbst wenn sie 3 Stunden von uns entfernt leben werden.

Die Farm, mein neues zu Hause
Noch am selben Tag fuhr ich zur Farm, Jaak hatte Besuch von einem Freund und sie waren auf eine kleine Kanutour gegangen, von der wir sie nun abholen wollten. Dunkelheit, leere Handyakkus, stundenlanges Suchen nach einer "Brücke" irgendwo im Nirgendwo, Bammel weil wir mittlerweile in Lettland waren und ich keinen Reisepass bei mir hatte - ja, meine Zeit hier begann genauso aufregend, wie die ganzen letzten Jahre gewesen waren!

"Kanki, unser Hund

Im Sommer sind immer unglaublich viele Besucher hier in der Farm. Während die Einen gehen, kommen schon die Nächsten, auf der Suche nach etwas Ruhe und Entspannung.
 Das bedeutete dieses Jahr auch Ablenkung für Jaaks Mutti und die Möglichkeit für uns, auf ein paar kleine Roadtrips zu gehen, bevor wir uns hier wirklich "niederliessen".

Der erste Roadtrip startete schon am nächsten Tag. Wir packten Zelt, Schlafsack und ein paar Klamotten in das Auto von Jaak´s Freund und zu Dritt ging´s auf nach Lettland!

Auf nach Lettland!

Am ersten Tag schauten wir uns ein paar Orte an, machten eine Burgführung und schliefen anschliessend in der Hauptstadt Lettlands, in Riga. Sowohl Jaak, wie auch ich, waren schon hier gewesen und hatten ein paar Nächte in unserem Lieblingshostel dort verbracht.

Am nächsten Tag begann das eigentliche Abenteuer und die schönste Zeit unseres 3 - Tage Trips.
Das Ungeplante! Wir waren gerade auf dem Weg Richtung Litauen, als uns ein junges Mädel auffiel, welches am Strassenrand stand und trampte. Wir waren in Backpacker - Urlaubslaune und da kam uns nichts gelegener als ein Hitchhiker, mit spannenden Abenteuern! Urplötzlich war unser ruhiges Auto erfüllt von dem freudigen Geschnatter dieses holländischen Mädels, dass von ihren Reisen erzählte und uns einlud, zu einem kleinen Hippifestival zu kommen, von dem man nur durch Mundpropaganda erfahren konnte.


Unser "Hitchhiker"
Das klang gut! Wir waren auf der Reise, es war vollkommen egal wohin wir fuhren und diese spontanen Gelegenheiten sind da, um sie zu ergreifen.
Für ein bisschen Gemüse als Mitbringsel und ein paar "Lats" Eintritt, bekamen wir ein blaues Festivalbändchen und wir "gehörten dazu", zum "Give und Get - Festival".

"Give and Get" - Festival, Geben und Nehmen
Jeder, der wollte, konnte einen Kurz leiten und den Anderen etwas beibringen. Sei es Yoga oder Tanzen, sei es "schön schreiben" oder trommeln, alles war möglich. Man gab, und nahm teil.
Da waren ein paar hundert junge Menschen mit unglaublich vielen Kindern, fast alles Letten, weshalb wir auch die Ansagen der Programmpunkte nie verstanden.


Kostenlose Umarmungen gibt es hier.




Ich genoss die Zeit mit meiner neugewonnenen Freundin und gemeinsam schauten wir uns um, nahmen sogar an einem der "Tanzkurse" teil. Dabei schloss einer der Partner die Augen und liess sich führen. Der Andere "formte" diesen Menschen, bewegte entspannt dessen Arme, Beine oder auch den ganzen Körper in kurzen, wiederkehrenden Bewegungen. Dann wurde getauscht.

2 Tage verbrachten wir auf dem Festival und irgendwie blieben wir meist unter uns, spielten Volleyball, gingen schwimmen und quatschten. Aber wir vier waren eine tolle Gruppe und das war echt angenehm!


Yeah, Camping!










Trotz allem, zog es uns schon am zweiten Tag weiter. Wir wollten nach Litauen und ein paar Sandstrände sehen. Unser "Hitchhiker", wie wir sie nur liebevoll nannten, war auf dem Weg nach Berlin und als wir sie einluden mit uns zu kommen, willigte sie tatsächlich ein!



So kam es, dass sie eine zweite Nacht mit uns verbrachte. Diesmal bei einem Lagerfeuer am Strand. Wir brieten Schaschlikspiesse und Marshmallows über dem Feuer, sahen in den Sonnenuntergang, spielten ein kleines Instrument namens "Okarina" und beschlossen, bei all der Schönheit, draussen zu schlafen und gar nicht erst ein Zelt aufzubauen. Leichte Bedenken waren da, ganz klar sah der Himmel ja nicht aus!?


Marshmallows und Schaschlikspiesse über dem Lagerfeuer, Sonnenuntergang, schlafen am Strand unter freiem Himmel...






Und wirklich. Ich  hatte das Gefühl, gerade erst langsam eingeschlummert zu sein, als mich auch schon wieder ein aufgeregter Jaak aufweckte. In Dunkelheit und Nieselregen galt es nun so schnell wie irgendwie möglich ein Zelt aufzubauen! Als das getan war, quetschten wir uns zu Viert hinein und bemerkten erst jetzt die unangenehmen Hügel unter unserem Zelt, die ein Einschlafen fast unmöglich machten. Am nächsten Morgen waren wohl auch die Mücken des Regens lästig geworden und machten sich in unserem Zelt wie selbstverständlich breit, um unser Blut zu saugen.
Eine aufregende Nacht!



Für uns ging es nun zurück zur Farm. Unseren niederländischen Hitchhiker wollten wir an der Fähre rauslassen, mit der sie nach Berlin fahren konnte. Aber sie hatte natürlich nicht gebucht und die einzigen freien Plätze waren so teuer, dass sie sie nicht bezahlen konnte.

Da nahmen wir sie mit zurück nach Riga und sie versuchte ihr Glück mit den Truckfahrern, würde einer sie mitnehmen?  Dumm gelaufen, niemand fuhr in ihre Richtung! Mittlerweile war es 23 Uhr abends und vollkommen dunkel, an die Strasse stellen und den Daumen raus halten war da auch keine Option mehr.
Und wie ging die Geschichte aus? Obwohl unsere Hitchhikerin in den Süden wollte, fuhr sie nun mit uns 500 km in die gegenüberliegende Richtung, in den Norden,
und übernachtete eine Nacht bei uns in der Farm!
Wir hatten viel zu lachen an diesem Abend.
Am nächsten  Morgen fuhr Jaak sie zur nächstgelegenen grossen Strasse und es dauerte nicht lange, bis sie ein älterer Herr mitnahm. Mitfahrgelegeneiten reihten sich an Mitfahrgelegenheiten und ein paar Tage später bekamen wir die Nachricht, dass sie wohlbehalten in Berlin angekommen war.
 Für mich und Jaak ging es schon ein paar Tage später auf zu unserem nächsten Trip.