Viele Monate des Reisens sind bereits vergangen, doch es ist noch nicht vorbei. Macht man sich auf die Suche, dann findet man ueberall Abenteuer! Nur los gehen muss man. Und genau das habe ich wieder vor. Wohin? Einfach immer der Nase und dem Herzen nach. Für Interessierte gibt es hier die Fortsetzung von sabsbabsundanneinaustralien.blogspot.com!

Thursday, August 28, 2014

Eseltour - Teil 1


So wunderschön meine letzten 5 Monate in Erfurt auch gewesen sind, es wird Zeit für eine neue Reise!

Schon seit ungefähr einem Jahr steht fest, dass ich ab September wieder einmal mit meiner Freundin und ehemaligen Reisekollegin Sabs auf eine längere Tour gehen werde.
Irgendwann beschlossen wir, dass es 3 Monate Spanien sein sollten. Einfach herum reisen, ganz einfach, mit Zelt und Schlafsack, so wie damals in Australien. Offen für alles, was eben passiert. 
Und wenn uns zufällig ein Esel über den Weg läuft, dann nehmen wir ihn einfach mit und machen eine Eseltour!

Esel und Ponys zusammen auf der Farm in "Klein Gottschow"
Für den Fall der Fälle, habe ich das vor ein paar Wochen schon einmal geübt.
Auf der Seite "helpX", die Farmen anbietet, auf denen man ein paar Stunden täglich für Unterkunft und Essen arbeitet, suchte ich nach "donkey", "Esel".
Es zeigten sich vier Farmen in Deutschland die Esel haben und ich fand innerhalb kürzester Zeit Eine, die mich für 4 Tage aufnahm.



Eines frühen Morgens stieg ich also in den Zug, um in ein 100-Seelendorf im Landkreis Brandenburg zu fahren. Eine Frau um die 50 holte mich vom Bahnhof ab, im Farmer-Outfit und mit einem kuschelig weißen Hund in Begleitung.

Die Farm war ziemlich idyllisch. Unter die 5 Hunde, die mich sofort begrüßten, hatte sich auch ein Schaf gemischt. Anton, das Schaf, dass denkt es wäre ein Hund.
Er wird mit der Flasche aufgezogen, bekommt seine Kuscheleinheiten von einem Hund und geht immer wieder in die Hundehütte. Außerdem hört er auf seinen Namen, wenn man ihn ruft! Er schnüffelt genauso neugierig in jeder Tasche herum und versucht etwas Leckeres zu Essen zu finden, wie die Anderen es tun. Nur Bellen hat er noch nicht gelernt, stattdessen kommt nur ein herzzerreißendes "Mäh"!

Da liegen sie im Hausflur - die Hunde und das Schaf Anton (ganz hinten)
Anton
Von Früh bis Abends half ich mit bei der vielen Arbeit, die hauptsächlich aus Futter und Wasser geben und Ausmisten der Ställe bestand.

Die Farm ist ein zu Hause für mehr als Tausend Tiere, unter Anderem für 14 Katzen.
Auch eine einäugige Katze lebt hier.
Neben 5 Hunden, 14 Katzen, ein paar Schafen, Ziegen, einer Kuh, Rehen, einem alten Wildschwein, 2 Emus, einem Truthahn, 2 Eseln, ein paar Ponys und einem Pfau, leben in der Farm hauptsächlich die verschiedensten Enten, Gänse und Hühner, die auch geschlachtet und verkauft werden. Insgesamt sind es mehr als 1000 Tiere! Sie werden so liebevoll behandelt, dass es sogar einen kleinen Kranken-Stall gibt. Verletzte Tiere kommen dort hinein, wenn sie einen Fuß nachziehen und nicht richtig laufen können oder, wie so oft, von Anderen die Federn ausgepickt bekommen.
Kleine Enten und Küken haben auf ihrem Schnabel vorne den spitzen "Eizahn", den sie benutzen, um aus dem Ei zu schlüpfen. Es ist gesetzlich verboten, diesen Eizahn abzuschneiden. Allerdings kommt es häufig vor, dass die Enten damit auf Anderen herumpicken, bis das Opfer blutet und wohl daran stirbt, wenn Keiner eingreift. Denn unerklärlicherweise wehrt sich das Opfer nicht, es bleibt einfach sitzen. Warum sie das tun ist wohl nicht geklärt, vielleicht fehlt ihnen ein Stoff, vielleicht haben sie zu wenig Auslauf...
Den ganzen Tag suchten wir im Vorbeilaufen nach diesen verletzten Enten, sprühten sie mit einem blauen Spray ein und brachten sie ins "Krankenhaus".

Das blaue Spray klebt an den Händen, es hilft Enten die "angepickt" wurden.
Unglaubliche Idylle unter einem Baum... Hier ruhen sich Schafe, Ziegen, Hühner, Störche, Gänse, Rehe und eine Kuh gemeinsam aus.
Hier werden Hühner- und Enteneier ausgebrütet.
Faszinierend - Wenn man mit einer Lampe ein Ei durchleuchtet, kann man sehen ob ein Embryo im Ei ist oder nicht!
Es sieht ein wenig aus wie ein dunkler Fleck, der sich aber bewegt, er lebt!
Eine meiner unglaublichsten Erfahrungen, einen kleinen Embryo im Ei zu sehen... ("Schieren") 
Tagsüber liefen Enten, Hühner und Gänse frei herum, am Abend und wenn es regnete, mussten wir sie einsperren. Denn nachts kommen wilde Tiere um sie zu fressen und im Regen erkälten sie sich, weil sie noch nicht genug Gefieder haben. Obwohl sie den Weg in ihren Stall genau kannten, liefen sie im hohen Bogen vor dem orangenen Rechen in unserer Hand davon, mit dem wir sie scheuchten, nur um irgendwann über Umwege doch im Stall zu landen, sie kannten den Weg!
Einmal wollten wir ganz nett sein und ließen auch kleine Enten im Freien herum laufen, die das bisher noch nicht kannten. Wir dachten wirklich die Freiheit täte ihnen gut! Aber wir irrten uns. Es war ein richtig warmer Tag und wahrscheinlich freuten sich die Enten so sehr, draußen zu sein, dass sie erst zu spät merkten, dass sie Durst hatten und dann den Wassernapf nicht fanden. Sie hatten einfach keine Kraft mehr dorthin zu laufen. Manche konnten wir retten, indem wir sie ans Wasser setzten und ihren Schnabel als "Löffel" benutzten um Wasser in sie hinein zu bekommen.
Aber viele Enten starben an diesem Tag.
Ganz abgesehen von dem enormen Aufwand den wir hatten, als wir am Abend die Enten mit dem roten Schnabel, von den Gelb-Schnäbligen trennen mussten...

Wir gaben den Enten ein Stück Freiheit - und sie starben, weil sie bei so viel Freiheit den Weg zum Wasser nicht mehr finden konnten...
Nie werde ich das schnatternde, platschende Geräusch vergessen, wenn Hunderte von kleinen Enten gemeinsam trinken und sich so riesig über einen Strahl aus dem Wasserschlauch freuen, dass sie in Scharen herbei strömen, um die Schnäbel ins laufende Wasser halten.
Einmal ertrank eine Ente fast dabei. Sie verfing sich im Trinknapf, der aus einem alten Regenrohr gebaut wurde, in den oben Löcher hinein geschnitten wurden. Ich rettete sie und setzte sich unters Rotlicht ins Krankenhaus.
Auch zu den kleinen, 3-Wochen alten Katzen musste die Tierärztin kommen - ich hatte bemerkt, dass ihre Augen verklebt sind und die Ärztin diagnostizierte den "Katzenschnupfen", an dem sie ohne Impfung sterben könnten.

Am nächsten Tag bauten wir den Enten mit einem Zaun einen kleinen "Garten". In dem Umkreis konnten sie auch das Wasser noch finden.
Eschok und Carla heißen die zwei Esel in der Farm und sie sind es absolut nicht gewohnt, einen Halfter zu tragen oder gar auf  geführte Spaziergänge zu gehen. Als ich die zwei das erste Mal auf dem Gelände herumführte, blieben sie schon nach ca. 200 Metern stehen und wollten nicht mehr weiter. Zogen half nicht, da gingen sie nur im Kreis. Also schob ich sie mit voller Kraft an. Das war bei diesen Tieren ok, da ich wusste, sie treten nicht nach hinten aus. Bei unbekannten Tieren sollte man das lieber nicht versuchen...

"Eschok" und "Carla"


Am nächsten Tag nahm ich "Eschok" mit auf einen einstündigen Spaziergang und das war eine sehr interessante Erfahrung. Der Hinweg verlief sehr schleppend. So richtig Lust hatte er wohl nicht, schlenderte gemütlich dahin, beugte immer wieder seinen Kopf um zu fressen, während ich ihm das untersagen musste, um "der Boss" zu bleiben. Ab und an musste ich ihn auch anschieben, wenn er nicht weiter wollte.
Auf dem Rückweg wiederum rannte er fast und konnte es wohl kaum erwarten, wieder zu Hause anzukommen! Umso überraschter war ich, als er im Dorf nicht sofort in den Toreingang abbog und ich nutzte die Chance, um noch eine Runde durchs Dorf zu drehen.

Die kleine Kirche in "Klein Gottschow". Erst später erfuhr ich, dass die Freitreppe links wohl eine besondere Sehenswürdigkeit ist.
Diese letzten Minuten waren richtig schön... Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass wir eine richtige Einheit sind. Gemütlich schlenderten wir dahin und hatten endlich ein Tempo gefunden, in dem wir uns Beide wohlfühlten.
Er erschreckte sich vor dem Geräusch des Stromhäuschens und vor einem bellenden Hund, drehte sich zu mir um und ich durfte ihn beschützen.
In diesem Moment hätte ich alles für ihn getan und ich wusste plötzlich, was er als Gegenleistung von mir erwarten durfte, wenn ich schon sein "Boss" sein musste - Verständnis, Freundschaft und das Vertrauen, dass ich ihn vor jeglicher Gefahr beschützen würde.



Die 4 Tage Farmarbeit in Vollzeit waren wirklich unglaublich anstrengend und ich war danach auch erst einmal krank, aber sie waren auch wunderschön. Am Ende bot mir das ältere Paar an, dass ich doch noch einmal wieder kommen könnte. Dann dürfte ich die Esel mitnehmen, sie würden das Gepäck tragen und gemeinsam könnten wir eine längere Tour machen.
Die beiden Farmer haben noch ein anderes Grundstück mit einem kleinen See, Bäumen, einem Zaun drum herum... Von der Farm bis dorthin ist es nicht weit, aber für einen ersten Versuch wäre es ausreichend und dort könnte ich zelten und am nächsten Tag zur Farm zurück ziehen.
Für mich stand fest - Vor meiner Abreise nach Spanien wollte ich das auf jeden Fall noch machen!
Und ein paar Wochen später war es dann endlich soweit...