Familienfoto |
Ich dachte lange darüber nach, wo ich mich denn jetzt für eine Arbeit
bewerben sollte und diese Entscheidung kostete mir einige Nerven. Ins
Ausland dachte ich - dann ist der Kulturschock nicht gleich so gross,
wie wenn ich nun einfach "in mein altes Leben zurückkehre". Aus diesem
Grund entschied ich mich auch gegen meine jahrelange Lieblingsstadt
Erfurt, zu viel hatte sich verändert und das alte Leben war mir zu klein
geworden.
Ein Leben in Südtirol? (Internetfoto) |
Nach Südtirol in Italien hätte ich gekonnt, meine
Erzieherausbildung wäre dort anerkannt für Kinder von 1-3 Jahren, nicht
von 0-27 Jahren wie in Deutschland.
Aber ich fand keine Arbeit übers Internet.
Schliesslich
bewarb ich mich in einem internationalen Kindergarten in Basel, in der
Schweiz - auch dort war meine Ausbildung anerkannt. Die Suche nach dem Kick trieb mich ein weiteres Mal an, die Suche nach dem Neuen.
Oder lieber in der Schweiz? (Internetfoto) |
Alles
klang so gut - ein anderes Land, eine multikulturelle Stadt in einer
für mich perfekten Grösse und ein Kindergarten, in dem auch Englisch
gesprochen wurde. Da wollte ich hin! Und ich wurde tatsächlich zum
Bewerbungsgespräch eingeladen.
Aber es erschien mir ein wenig
heikel, nur für dieses eine Gespräch neun bis zehn Stunden in den Süden
zu fahren. Also bewarb ich mich noch in Freiburg am Breisgau - die
multikulturelle Stadt am Dreiländereck, ganz im Süden von Deutschland.
Schon nach 3 Stunden meldete sich eine unglaublich nett klingende Frau
zum Freitag Abend aus der Kinderkrippe - wir telefonierten ungefähr eine
Stunde und der Vorstellungstermin stand.
Mit Bussen fuhr ich schliesslich nach Freiburg und mit einer
Mitfahrgelegenheit nach Basel. Ich sah mich einer Sprache entgegen, die
so gleich und doch so anders ist wie das Deutsche, einer Währung, deren
Scheine so wunderschön bunt sind, wie ich es mag und einer alternativen
Frau mit ihrem Sohn, bei der ich dank "Couchsurfing" übernachten
durfte.
Ein Land mit kunterbunten Scheinen (Internetfoto) |
Aber irgendwie stimmte das Gefühl nicht. Als ich am
nächsten Tag mein Vorstellungsgespräch hatte, lief alles super. Der
"Manager" sagte, er könne sich ein Arbeiten mit mir vorstellen und lud
mich für die nächsten zwei Tage zur unbedingt notwenigen "Hospitation"
(Probearbeiten) ein.
Ich sagte zu, aber ich hatte
wieder dieses unglückliche, gestresste, panische Gefühl in mir, welches
mir die Tränen in die Augen trieb - hier sollte ich nun mindestens ein
Jahr aushalten? Der Kindergarten war in einem grossen runden Glasgebäude
untergebracht, von allen Seiten konnte man hineinschauen und die
Erzieher bei ihren Meetings beobachten. Um den Bereich, in welchem
die Kinder spielten war ein Zaun, und das gefiel mir nicht. Ganz reiche
Eltern waren es, die ihre Kinder hierher brachten und jeden Tag mussten
die Erzieher mit den Kindern zahlreiche Beschäftigungen unternehmen,
hauptsächlich wohl, damit man vor den Eltern mit hohen Ansprüchen auch
gut dastand und zeigen konnte: "Seht nur, so etwas Tolles haben wir
heute wieder gemacht!!". Es schien alles wie ein grosses Showgeschäft.
Als ich auf meinem Heimweg in der
abgelegenen Gruppe vorbeikam, in der ich wenn dann arbeiten sollte, war
es ganz vorbei mit meiner Fassung. Harsch wurden die Kinder zurecht
gewiesen, sich alle in eine Reihe zu stellen und gemeinsam, an den
Händen gefasst in das Bad gleich nebenan zu laufen. Das ist nicht meine
bevorzugte Art der Erziehung und ich wusste, dass ich in dieser grossen,
kommerziellen Einrichtung fehl am Platz war. Zwei Tage später sagte ich
ab, obwohl ich ungefähr 800 Euro mehr verdient hätte als in
Deutschland.
Tschüss Basel in der Schweiz (Internetfoto) |
Die Freundin meines Bruders lebte früher
in Freiburg und ich durfte freundlicherweise bei ihrer Mutter in der
Wohnung übernachten. Die Kinderkrippe, die ich mir hier ansah, war viel
kleiner und gemütlicher, nur eine kleine Wohnung mit ca. 12 Kindern. Es
war toll, die Leiterin war super und hatte extra "sehr nette junge Frau"
auf meine Bewerbung geschrieben. Wir verstanden uns einfach gut.
Nur die andere Erzieherin im Raum
schien mich konsequent zu ignorieren und am Ende wurde ich dennoch
abgelehnt, weil ich keine Berufserfahrung mitbrachte.
Also
stand ich wieder ohne etwas da, es war Donnerstag und eigentlich hatte
ich am nächsten Tag heimfahren wollen. In einem Tag konnte ich aber
keinen Job finden und so verlängerte ich den Aufenthalt in meiner netten
Unterkunft bis Mittwoch. Ich hatte noch ein Gespräch im
Uni-Kindergarten, einer Kita im eher ärmlichen Viertel und in der
Kinderkrippe, in der ich nun wirklich seit Januar arbeite.
Es war
Mittwoch, als ich das Vorstellungsgespräch hatte und bis dahin hatte ich
meinen Aufenthalt in Freiburg ein weiteres Mal verlängert und war für
zwei Nächte ins Hostel umgezogen.
Willkommen Freiburg! (Internetfoto) |
Ein paar Stunden ging
ich zur Hospitation in der Kinderkrippe und fühlte mich so willkommen
und herzlich aufgenommen, dass es nicht lange dauerte und ich hatte
meine Entscheidung getroffen. Ich würde ab Januar dort arbeiten und hatte nicht einmal ein schlechtes Gefühl dabei! Sie nahmen mich an und meine weitere Zukunft war ersteinmal wieder geplant, Wer hätte gedacht, dass ich einmal in Freiburg im Breisgau enden würde? Also ich sicher nicht.
Zufrieden konnte ich am Wochenende
nach Hause fahren und es war wunderschön, dass ich nach zwei Jahren endlich einmal wieder Weihnachten mit
meiner Familie feiern konnte.
Weihnachtsmusik |
Meinen Geburtstag und Silvester feierte ich bei meinen Freunden in Erfurt.
Es war ein toller Abschluss des Jahres 2012 und ich sammelte eine Menge
Kräfte, um die neuen Herausforderungen im neuen Jahr zu bestehen. Ein wenig Panik stieg in mir auf, je näher der erste Januar 2013 rückte. Ich fühlte mich einsam, wenn ich darüber nachdachte, dass ich hier nun wieder alle Bekannten zurücklassen würde, um mutterseelenalleine in die Welt hinaus zu ziehen. Aber das hatte ich mir ja selber so ausgesucht.
Alte Freunde zurück lassen um einen Neubeginn zu wagen. |