Am nächsten Tag paddelten wir weiter und schlugen unser Camp Abends an einer Flusskreuzung auf.
Wieder war dort eine kleine Hütte mit ein paar alten Kartoffeln und Zwiebeln die jemand dort gelassen hatte. Mit der Säge ging ich in den Wald und genoss es einmal mehr, kleine Bäume zu sägen um Feuerholz zu bekommen.
Am nächsten Morgen entschieden wir uns für einen Fluss, der uns auf einen See bringen würde, einen See inmitten von Feuchtgebieten und Sümpfen. Es wäre eine etwas andere Erfahrung dort zu campen und wir erhofften uns das Beste.
Dort angekommen fuhren wir anderthalb Stunden das Ufer ab und hielten nach einem schönen Platz Ausschau, an welchem wir uns ein paar Nächte wohlfühlen könnten. Die Ruhe wollten wir geniessen - aber selbst hier hörte man noch das weitentfernte Knattern der Motorboote, die an der Schönheit der Natur vorbeirauschten um ihre Erfüllung im Kick der Schnelligkeit zu finden.
Die Platzsuche war nicht ganz einfach, hoch erhoben sich die Bäume am Ufer, dicht standen die Hecken und versprachen kein Durchkommen oder die moosähnlichen Erhebungen auf dem Wasser spielten einem nur festes Land vor, in der Realität tauchten sie mit einem "Ump" unter Wasser, wenn man sie mit dem Paddel berührte und liessen mich mit einem kleinen Schrecken zurück.
Noch nicht ganz waren wir einmal um den See gepaddelt, da verfolgte uns auf einmal eine grosse, schwarze Wolkenwand. Seit Tagen hatte es immer wieder genieselt, aber diese graue Wand war bedrohlich und versprach zweit trockenen Leuten in einem unbedachten Kanu nichts allzu Gutes. Und sie war schnell! Paddeln, paddeln, paddeln hiess es jetzt, zu einem Punkt auf der anderen Seite des Sees, der uns bisher als beste Möglichkeit zum campen erschienen war und den wir mit einem abgeknickten Ast an der Hecke davor markiert hatten. Hinter unserem Rücken folgte uns die Wolke und liess uns ungeduldig werden.
Wir fanden den Platz und ich war begeistert von Jaaks Organisationstalent und seiner Campingerfahrung. Anstatt den Kopf zu verlieren erklärte er in ruhigem Ton, was wir zu tun hatten.
"Kanu ordentlich festbinden, Zelt aufbauen, grosse Stöcker suchen und parallel legen, darauf die Taschen stellen damit sie von unten nicht nass werden und eine Plane darauflegen. Trockenes Holz sammeln und unter der Plane stapeln, sonst stehen die Chancen für ein Feuer nach dem Regen schlecht. Ein tiefes Loch graben das uns als Toilette dient, in die wird dann nach jedem Gechäft ein Häufchen Erde geworfen um den Geruch zu vertreiben."
"Kanu ordentlich festbinden, Zelt aufbauen, grosse Stöcker suchen und parallel legen, darauf die Taschen stellen damit sie von unten nicht nass werden und eine Plane darauflegen. Trockenes Holz sammeln und unter der Plane stapeln, sonst stehen die Chancen für ein Feuer nach dem Regen schlecht. Ein tiefes Loch graben das uns als Toilette dient, in die wird dann nach jedem Gechäft ein Häufchen Erde geworfen um den Geruch zu vertreiben."
So und nicht anders wurde es gemacht. Und obwohl es jeden Moment nach Regen aussah und wir in einem raschen Tempo unseren Beschäftigungen nachgingen, sassen wir bereits seit einer gefühlten Ewigkeit im Zelt als es letztendlich los ging.
Eine leere Milchpackung auf einem Stock markiert unsere Toilette |
So waren die nächsten Tagen vor allem von Regen geprägt.
Nur Abends zog der Himmel regelmässig auf und liess uns die schönsten Sonnenuntergänge erkennen.
Nur Abends zog der Himmel regelmässig auf und liess uns die schönsten Sonnenuntergänge erkennen.
Der wundervollste und erstaunlichste Regenbogen bot sich uns eines Abends nach einer heftigen Regenschauer, er baute sich langsam von rechts nach links auf, während die Wolken weiterzogen, seine Farben leuchteten und liessen unsere Gesichter nicht weniger erstrahlen. Als er sich in seiner vollen Länge wie ein Bogen über das Land ergoss und wir uns schon auf den Weg machen wollten um, dem Mythos nach, einen Schatz am Ende der bunten Strahlen zu finden, da gesellte sich gleich noch ein zweiter Regenbogen dazu, nur ein paar Zentimeter unter dem Ersten! Wahnsinn. Und ich hatte nicht einmal gewusst, dass so etwas überhaupt möglich ist, zwei Regenbögen zur gleichen Zeit. Wieder schienen die Wolken ihn nach und nach freizulegen, als sie nach links weiterzogen. Danach wusste ich nicht ob es nur mein Verstand war der mich einen Dritten, sehr blassen Bogen über dem Ersten erkennen liess, oder ob er wirklich dort war. Ich dachte einfach nicht weiter darüber nach und sog diesen herrlichen Anblick in mich auf.
Einen Regenbogen in schwarz-weiss zu fotographieren macht natürlich wenig Sinn ;) |
Es war an unserem zweiten Abend, wir legten uns wie gewöhnlich im Zelt zur Ruhe und unterhielten uns noch etwas über dies und das. Plötzlich machte ich wieder einmal einen dieser nichtssagenden Wölfe - und Bärenwitze, die naheliegen in einem Land in dem es Wölfe und Bären gibt, aber diesmal fuhr Jaak in harschem Ton dazwischen: "Psst! Darüber redet man nicht!" und ich verstummte. Er machte mir plötzlich Angst mit seinem verschlossenen Gesicht und auch wenn er wiederholend sagte, die Bären und Wölfe finden im Sommer genug zu Essen und brauchen keine Menschen (es gibt echt sehr, sehr wenige registrierte Fälle in denen sie sich an Menschen vergriffen haben), seine Körpersprache und Reaktion zeigte etwas anderes. So lauschte ich an diesem Abend etwas länger in die Nacht, kuschelte mich etwas näher an Jaak und auch als sein gewohntes Schnarchen erklang, rang ich noch immer mit dem Schlaf.
Der Blick aus dem Zelt. Und irgendwie wurde es in diesen langen Sommernächten scheinbar nie dunkel! |
Aber ich muss wohl irgendwann eingeschlafen sein, denn auf einmal schreckte ich blitzartig auf! Da war ein Geräusch! Ein Geräusch draussen vor unserem Zelt! Wie nah? Schlecht einzuschätzen....
Es war ein lärmendes, lautes, unruhiges Plätschern im Wasser, ganz so, als liefe jemand mit grossen Schritten hindurch. Ein Bär?
Was auch immer es war, es kam immer näher und hörte nicht auf mit seinem lautstarken Platschen!
Jaak war nun auch wach und hatte diesen alarmierten, geschockten Blick mit dem er alles nur noch schlimmer machte. Jedes Denken setzte bei mir aus, bewegungsunfähig lag ich dort und erlebte das grausige Gefühl von echter, unter die Haut gehender Angst. Für einen Moment veränderte sich meine Bewegungsunfähingkeit in Panik und ich setzte mich ruckartig auf, das Taschenmesser steckte in der Seitentasche des Zeltes und ich beschwor Jaak: "Nimm das Messer!!!" Bis heute lacht er darüber...
Ein Taschenmesser gegen einen Bären?
Ich hatte nicht die geringste Ahnung was ich machen sollte und kam meinem inneren Impuls nach:
In derselben Position bewegungslos verharren und absolut keinen Laut von mir geben um ja nicht aufzufallen oder Jemanden anzulocken.
Aber da schallte plötzlich noch ein weiteres Geräusch durch die Luft, ein grellender Schrei!
Kurz später konnte ich ihn Jaak zuordnen und fragte mich innerlich wie er geahnt hatte, dass ein lauter Schrei zum Vertreiben besser war als ruhig zu bleiben um niemanden anzulocken. Lautes Getrappel ertönte und ich freute mich hinterher noch viele Male, dass dieses Tier nicht zufällig beim weglaufen über unser Zelt gestolpert war...
Noch eine lange Zeit sassen wir bewegungslos und lauschend im Zelt, der letzte Hufschlag war längst verklungen als wir uns ein weiteres Mal niederlegten und, wie schon viele Male auf unseren vergangenen Reisen, über dem Gedanken an den erhofften Sonnenaufgang endlich einschliefen.
Am Morgen konnten wir es kaum erwarten nach Hufabtritten zu suchen. Das es kein Bär oder Wolf gewesen war, hatten wir schon an den Bewegungen in der Nacht gehört. Jaak bestätigte seine Meinung, dass es ein Elch gewesen war. Gesehen hatte ich in meinem Leben noch nie Einen, aber nun hatte mich immerhin schon Einer ernsthaft erschreckt!
Wie merkwürdig ein Zelt für ein Tier aussehen muss, dieser Elch wusste wohl nicht einmal, dass wir dort sind und wollte einfach nur ruhig sein Wässerchen trinken, bis ihm ein greller Schrei auf einmal Angst einjagte und davon laufen liess...
Nach ein paar Tagen stellte sich heraus, dass dieser Campingplatz und unsere gesamte Situation wohl doch nicht so vorteilhaft waren, wie wir erhofft hatten.
Da war zum einen das Wasser. Es war am Ufer so seicht und matschig, dass man nicht weit genug hineinlaufen konnte um sich zu waschen. Stattdessen verfing sich der Schlamm in jeglichem Körperhaar und man kam dreckiger aus dem Wasser, als man hinein gegangen war.
Das folgte ebenfalls zu einem Trinkwasserproblem. Mit dem Kanu fuhren wir auf den See hinaus um saubereres Wasser zu bekommen, da wir aber keine Tabletten zum Keime abtöten mitgenommen hatten, konnten wir das Wasser nur trinken wenn wir es vorher abkochten. Und da wir unseren Campingkocher in Tartu zurückgelassen hatten, mussten wir jedesmal zum Trinken ein Feuer machen und ernährten uns hauptsächlich von schwarzem Tee mit Zucker.
Eigentlich wäre das kein grosses Problem, sammelten wir doch sowieso gerne Holz, machten Feuer und kochten darüber.
Das Problem war das Wetter, welches das Feuer machen immer wieder erschwerte.
Es regnete, und regnete. Kein Ende in Sicht, nur die schönen Abende machten grundsätzlich falsche Hoffnungen für den erneut regnerischen Morgen.
Es regnete, und regnete. Kein Ende in Sicht, nur die schönen Abende machten grundsätzlich falsche Hoffnungen für den erneut regnerischen Morgen.
War es kein Wasser das vom Himmel fiel, dann war es ein mächtiger Sturm, der uns fast das Dach über dem Kopf raubte.
Dann gewitterte es, Donner krachte und Blitze malten ein sekundenschnelles Leuchten an den Himmel.
Wir sassen tagelang im Zelt, ausser lesen gab es nicht viel zu tun. Frisches Obst oder Gemüse gab es nicht, die alte Kartoffel vom letzten Campingplatz lag schon lange nicht mehr im Magen und die elendigen Fertigsossen mit Reis oder Nudeln hatten ihren Reiz längst verloren und schienen unsere Körper nicht stärker, sondern eher schwächer zu machen.
Und dann waren da noch diese seltsamen Bohnen die ich noch nie zuvor gesehen hatte, Jaak schwörte darauf wie gut sie sind, aber für Camping waren sie absolut ungeeignet, musten sie doch Stunden im Wasser ziehen. Wir assen sie halbgekocht und ohne irgentetwas als Beilage.
Und dann waren da noch diese seltsamen Bohnen die ich noch nie zuvor gesehen hatte, Jaak schwörte darauf wie gut sie sind, aber für Camping waren sie absolut ungeeignet, musten sie doch Stunden im Wasser ziehen. Wir assen sie halbgekocht und ohne irgentetwas als Beilage.
Welch merkwürdige Fertig-Speisen wir doch zu uns nahmen... |
Am nächsten Morgen musste ich mich übergeben. Waren es die Bohnen? War es das Wasser? War es der viele Rauch den ich stundenlang eingeatmet hatte um endlich das Essen im Wind zum Kochen zu bringen? Oder war es nur, weil mein Kopf im Schlaf tiefer als meine Füsse gelegen hatte?
Ich weiss es nicht, auf jeden Fall hatte dieser Kanutrip irgendwie seinen Reiz verloren.
Diese Libelle assen wir allerdings nicht ;) |
Während Jaak paddelte, schlief ich die meiste Zeit im Kanu. Gerne hätte ich jetzt etwas Wasser getrunken und ich wusste wie wichtig es gewesen wäre, aber wir hatten nur das abgekochte Seewasser und danach fühlte ich mich nicht besser, überall sah ich plötzlich Keime und Bakterien.
Ich hatte ziemliche Bauchschmerzen als wir schliesslich zum "Peipsi järv" kamen, ein grosser See, der Estland und Russland voneinander trennt. Wir fanden einen Steg und eine kleine, zerfallene Hütte am Ufer.
Es schien niemand hier zu sein, aber wir fanden ein paar Nägel, ein altes Radio und noch ein paar andere Dinge. Kam doch ab und zu jemand hierher?
Dank unserer Karte wusste wir, dass 3.5 km weiter ein Dorf mit einem kleinen Laden sein würde. Endlich Wasser! Ich überlegte bei der Hütte zu bleiben, weil es doch ein Eckchen zu laufen war, aber dann hätte ich noch länger auf etwas zu trinken warten müssen und entschloss mich dagegen.
Der Weg war lang und matschig.
Knietiefer Matsch, zum Glück hatten wir Gummistiefel. |
Aufgehalten wurden wir durch mich - alle paar Kilometer musste ich mir ein Loch graben und in höchster Eile meinen Darm entleeren, ich war tatsächlich krank und das Toilettenpapier war mein ständiger Begleiter.
Tagelang hatten wir uns im Busch nach einem Eis oder einer Schokolade gesehnt, jetzt war ich mit meinem Wasser und Zwieback zufrieden und ertrug es sogar, Jaak beim schlecken zuzusehen. Obst gab es in diesem kleinen Dorfladen leider auch nicht, wieder keine Vitamine.
Im Dorf. |
Trotzdem wollte ich weiter machen. Ich würde ein paar Tage ruhen und dann könnten wir mit voller Kraft weiter paddeln.
Am nächsten Tag schien endlich wieder die Sonne, das Wasser war schön und wir konnten dankbarerweise uns und unsere Klamotten waschen.
Es war fast Mittag als wir uns wieder auf den Weg ins Dorf machten. Meinem Bauch ging es nach einer Diät wieder besser, wenn er auch noch nicht ganz in Ordnung war. Wir wollten endlich einmal wieder etwas Anderes sehen ausser Wasser und Gebüsch, wollten Menschen um uns herum haben und etwas leckeres essen - kurzum, dem einfachen Leben im Busch, ohne Shop und jeglichem Luxus waren wir ein wenig überdrüssig geworden, dabei hatten wir es doch in Neuseeland so genossen!
Also beschlossen wir von dem kleinen, schönen Dorf, in welches wir wie gestern liefen, mit dem Bus in die nächstgrössere Stadt zu fahren.
Doch es war bereits zu spät und der letzte Bus gefahren, demzufolge stellten wir uns an die Strasse und streckten den Daumen heraus.
Es hielt niemand an.
Ein abgebranntes Haus |
Es machte keinen Sinn, es hatte keine Logik, aber wir liefen einfach los und etwas ungemein interessantes passierte. Wir begannen unseren eigenen Pilgerweg zu laufen, auch ohne einen Glauben.
So zahlreich waren die Gedanken und Gefühle in den nächsten Stunden, wie die Menschen und Häuser an uns vorbei rauschten.
Es begann mit einem Gefühl der Unmotiviertheit, ich hatte keine Lust zu laufen und jeder Schritt fiel schwer, die Beine und Füsse schienen aus Eisen zu sein und so trottete ich hinter Jaak her. Plötzlich fiel mir wieder dieses Schweigen zwischen uns auf, dieses Schweigen obwohl ich doch etwas sagen wollte, das grösste Verlangen nach den Worten spürte und mir nicht nach Schweigen zumute war! Aber was, was konnte ich denn nur sagen?
Die letzten Tage hatte ich es immer wieder gespürt, aber jetzt sprach ich es endlich aus und erhielt die überraschende Antwort, dass es ihm genauso ging. Vielleicht war es ein Fehler gewesen diese Kanutour gemeinsam durchzuführen, nach all den Monaten in denen wir bereits zusammen in einem kleinen Auto gelebt hatten oder auf engstem Raum in einem Zelt geschlafen hatten.
Weiter gingen unsere Gedanken, bis hin zur Zukunft, die Fragen was wir denn in unserem Leben noch erreichen wollten, was unsere Ziele und Träume waren, das grosse Geheimniss wo wir nach der Zeit in Estland leben wollten, was und wo wir arbeiten würden, all diese Fragen hatten wir uns bereits so viele Male gestellt. Eine ganze Zeit lang hatten wir deshalb gar nicht mehr darüber geredet oder auch nur darüber nachgedacht, denn wie auch jetzt gab es darauf keine Antworten, aus jeder Frage ergaben sich nur wieder neue Fragen und nach jedem Gespräch darüber, wurde das Gefühl der Unwissenheit nur ein Stückchen grösser.
Das war der Tiefpunkt unserer kleinen Pilgerreise, all die schönen Orte um uns herum - und mir stiegen nur die Tränen in die Augen.
Eine alte russisch-orthodoxe Kirche |
Dann liefen wir weiter, vorbei an spielenden Kindern, alten Frauen die in ihrem Garten arbeiteten, vorbei an schnüffelden Hunden, alten Kirchen und blühenden Sommerblumen. Wir rasteten auf einer Wiese, setzten uns auf eine kleine Brücke und warfen Steine ins Wasser. Ob es diesem kleinen Stein egal war, dass er jetzt die nächsten Hundert Jahr im Wasser verbringen würde?
Unsere Stimmung veränderte sich. Nachdem wir wütend alles herausgelassen hatten, wurden wir traurig und müde. Nachdem wir mit unseren eigenen Gefühlen gekämpft hatten, begannen wir uns dem Anderen zuzuwenden und führten die wichtigsten Gespräche. Jeder sagte was er zu sagen hatte und der Andere hörte zu, nach vielen Stunden war es uns leichter ums Herz, ich begann einen unglaublichen Willlen zu erlangen unseren Weg fortzuführen und unser Ziel zu Fuss zu erreichen. Warum auch immer, wir mussten in diese Stadt gelangen! Es war mittlerweile später Nachmittag und da war nicht die geringste Möglichkeit mit irgendeinem öffentlichen Verkehrsmittel zu unserem Kanu zurück zu kehren, aber wir dachten einfach nicht darüber nach. Das hier war unsere Reise! Und dann konnten wir wieder lachen. Die Probleme waren nicht beseitigt, aber wir hatten unser Lachen wieder gefunden!
Ein Zaun aus Skiern! |
Er liess uns an einem "bed and breakfast" heraus und wir überlegten, dort die Nacht zu verbringen. Aber es hätte uns 50 Euro gekostet und das war zu viel. Die Option in die nächste Stadt zu fahren, schoben wir auch wieder beiseite. Es fuhr kein Bus mehr und noch weiter laufen? Nein, wir hatten genug.
Also gingen wir in ein Cafe und schlugen uns ein weiteres Mal den Bauch voll. Genaugenommen schlug sich Jaak den Bauch voll und bekam den grössten Teil meiner Portion gleich mit, ich war ja immer noch krank...
Wir waren nicht sehr motiviert, aber es gab keine andere Wahl, wir mussten noch am selben Abend zurück zum Kanu laufen. 6 Stunden Weg waren es und da es gerade 20.00 Uhr war, würden wir nachts um zwei an unserem Ziel ankommen. Gute Aussichten, nicht wahr?
Mittlerweile hatten wir festgestellt, dass unsere Karte verloren gegangen war. Ohne eine Karte wäre es unmöglich auf diese kleinen Seen und Flüsse zu paddeln zu denen wir wollten, unmöglich den Weg in ein Sumpfgebiet zu finden.
Also beschlossen wir gemeinsam den Kanutrip hier zu beenden, alle Zeichen standen dafür. Jaak rief seinen Halbbruder in Tartu an und bat ihn, uns und das Kanu am nächsten Tag abzuholen. Wir waren eine halbe Stunde gelaufen, da bot seine Frau an jetzt gleich zu kommen. Also liefen wir wieder zurück in den Ort, in welchem wir gegessen hatten und eine Stunde später kam sie uns zu holen. Als wir am Morgen von unserem Camp aufgebrochen waren, hatten wir nicht die geringste Ahnung gehabt, dass wir am Abend nicht wieder hierher kommen würden. Selbst die Wäsche hing noch nass auf der Leine!
Aber spätestens als ich einen glücklichen Jaak mit seinem Bruder und dessen Familie reden sah, da wusste ich, es war die richtige Entscheidung gewesen.
Ich sehnte mich nach Schlaf und Ruhe um gesund zu werden, aber noch musste ich warten. Zu zweit machten wir uns am nächsten Morgen mit einem Auto auf den Weg zu unserem Camp. Wir parkten das Auto in dem naheliegenden Dorf, liefen wieder die 3.5 km zu der kleinen Hütte, packten alles ins Kanu und paddelten eine weitere Stunde zurück zum Auto. Dort angekommen hatte Jaak einige Mühe das Kanu auf unserem Dach festzubinden, aber es gelang letztendlich und wir waren bald wieder in Tartu, wo das Kanu noch immer steht.
Ein Fussballspiel mit den Kids, eine Busreise zur Farm und da waren wir wieder "zu Hause".
Mir ging es gesundheitlich bald besser und da wir nun wieder genügend Raum hatten unseren eigenen Beschäftigungen nachzugehen, war die gemeinsam verbrachte Zeit wertvoll und spannend. Wir hatten unser Gleichgewicht wieder gefunden und es ging uns gut.