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Kunst in der Kleinstadt "Caorle" |
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Venedig... |
Für mich ging es nun also nach Italien.
Auf meinem Weg machte ich einen Zwischenstop in Berlin und besuchte meinen Bruder und seine Freundin. Es war wunderschön. Ich begleitete meinen Bruder für ein paar Stunden zu seinem Nebenjob. Eine Einrichtung, in der Kindern eine warme Mahlzeit und Hausaufgabenbetreuung gestellt werden soll, da dies vom Elternhaus her leider nicht möglich ist.
Dann ging ich mit seiner Freundin zur unglaublichsten Ausbildungsstätte!
Ein Zirkuszelt!
Sie lernt Zirkuspädagogin und das ich nun einen dieser Ausbildungstage miterleben durfte, war für mich unglaublich schön. Wie elegant sich alle zur Musik durch das Zelt bewegten, wie sie auf Rollen standen, auf Bällen balanzierten, ihre Körper in alle Richtungen bogen und auch in den ruhigsten Momenten, während wir nur auf dem Boden saßen und dem Lehrer lauschten, reckten sie sich und strecken sich, scheinbar im vollem Einklang mit ihren Körpern. Das regte selbst mich zu mehr Bewegung an!
Es gab eine theoretische Stunde zum Thema "Inklusion" und dann gingen wir alle zu einer Probe des Zirkus` "Sonnenstich". Unglaublich, was der Lehrer aus ein paar Kids mit Downsyndrom herausholen kann. Denn Sie sind die Artisten in diesem Zirkus!
http://www.circus-sonnenstich.de/
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Der Pausenraum... |
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Die Toiletten... |
Dann ging es los, mein Flug ging von Berlin nach Venedig.
So sehr ich auch am Anfang dachte, dass dieser Job perfekt für mich sein würde, da ich ja schon immer einmal auf einem Campingplatz arbeiten wollte, so schlichen sich doch nach den letzten Telefonaten mit meinem Arbeitgeber ein paar Zweifel in meine Gedanken...
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Kunst in Caorle |
Camping ist nicht gleich Camping, dass lernte ich wohl in dieser Zeit.
Ein netter Engländer holte mich vom Flughafen ab und wir fuhren ca. 45 Minuten durch eine Gegend ohne Berge und Hügel, eine Gegend in der alles irgendwie gleich aussah, vom Menschen gemacht. Ein Campingplatz reihte sich an den Nächsten, keine Wälder oder unberührte Natur, die größten Highlights Supermärkte, Freizeitparks und Strände...
http://www.eurocamp.de/
Ich arbeitete als Gästebetreuerin für "Eurocamp", einen englischen Reieanbieter. Auf unserem Zeltplatz waren wir nur drei Mitarbeiterinnen - eine Engländerin, eine Holländerin, die gleichzeitig meine Mitbewohnerin war und Ich selbst. 30 Wohnwagen gehörten zu Eurocamp.
Ich weiß, dass ich Glück im Unglück hatte mit der Größe des Zeltplatzes, denn, auch wenn mir der Campingplatz riesig erschien, war er eigentlich klein. Auf dem Nachbarplatz hatte allein Eurocamp ca. 160 Häuser und diese wurden von 18 Mitarbeitern betreut.
Als ich meine Unterkunft sah, fühlte ich mich dort sofort zu Hause - ein riesiges Zelt, dass ich mit meiner holländischen Mitbewohnerin teilte!
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Meine Unterkunft |
Auch wenn Andere in Wohnwägen übernachten durften und mein Zimmer nur aus einem Bett bestand, ich war vollkommen zufrieden und hätte noch jahrelang in diesem Luxuszelt mit Krabbeltierchen wohnen können.
Zur Toilette waren es ungefähr 5 Minuten zu Fuss und gleich hinter dem Zelt gab es einen Hahn zum Wasser holen und Geschirr spülen.
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Rechts ist mein Zimmer. Es besteht nur aus einem breiten Bett, aber da ich sowieso nicht allzu viele Dinge habe, war es vollkommen ausreichend. |
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Die Küche |
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Öffentliche Toiletten |
Ich weiß, dass mein Wohnort ein Traum für viele Urlauber wäre. Direkt an der Adria, mit einem breiten Strand, fünf zusätzlichen Swimmingpools, 3 Restaurants, einem Wasserpark, Supermarkt, Sport- und Taschengeschäft, jeden Abend unterhaltende Animation, immer lustig, immer fröhlich....
Aber so sehr ich mein Zelt auch mochte, der Platz wurde nie wirklich zu meinem zu Hause. Mir fehlte die Tiefe in allem, alles war irgendwie unecht, aufgesetzt fröhlich. Dreimal in der Woche wurden für zwei Stunden Chemikalien gesprüht um alle Mücken zu töten. Natürlich werde ich nicht gerne gestochen, aber für mich gehört das eben dazu! Ich nehme das Gute, aber auch das Schlechte, denn Camping ist eben alles, nichts ist nur gut oder schlecht.
Auch wenn ich keine Biologin bin, trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass das Ausrotten aller Mücken keine weitreichenderen Konsequenzen haben wird.
Und so ging es weiter, auch Eurocamp machte da keine Ausnahme.
Es geht darum, dem Urlauber den allerbesten und saubersten Standart zu bieten. Umso sauberer, umso mehr Geld kann man auch für die Unterkunft nehmen. Und die Unterkünfte sind nicht günstig!
Wie dieser Standart erreicht wird, dass spielt nicht wirklich eine Rolle.
Aber ich stellte mir oft die Frage, ob die Kunden wirklich das Glas ohne Wasserflecken wählen würden, wenn Sie wüssten, dass es auch an der Innenseite mit Glasreiniger gereinigt wurde? Würden Sie in dem Topf kochen, der von Sauberkeit nur so strahlt, weil er mit Toilettenreiniger auch Innen gereinigt wurde?
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Mein Job - putzen der Unterkünfte, bis ins kleinste Detail... |
Auch Verschwendung war ein Thema, dass ständig in meinem Kopf war. Ich hatte noch die Leute in den Höhlen in Granada in meinem Kopf, die froh waren über alles, was sie fanden. Die nicht viel Geld hatten um neue Dinge zu kaufen und ob es nun Essen, Klamotten oder andere Dinge zum Leben waren, sie würden alles aufheben und wiederverwenden.
Nun der Gegensatz. Jedes Haus musste für jeden Kunden in genau demselben Zustand bereitgestellt werden. Ließen die Kunden Dinge zurück, dann behielten wir sie oder warfen sie eben weg. Das bedeutete, dass am Morgen Jemand auscheckte und eine fast volle Flasche Geschirrspülmittel zurückliess, die wir dann entfernen mussten, damit die neuen Gäste am Nachmittag eine neue Flasche kaufen durften.
Ich schlug vor, dass wir kleine Behälter in jedes Haus stellten, um das Geschirrspülmittel gleichmässig zu verteilen - aber auch das ging nicht.
Denn wollten die Gäste Geschirrspülmittel haben, dann mussten sie das extra buchen und natürlich dafür bezahlen...
Ein einfaches Fach hätte geholfen, in das Leute Dinge stellen konnten, die sie nicht mehr wollten und andere Menschen diese mitnehmen konnten. Aber das passt nicht auf so einen Zeltplatz, auf dem es nicht einmal eine Lagerfeuerstelle gibt und sich alles nur um Geld dreht.
Am Anfang machte mich diese Verschwendung wirklich unglücklich und ich hätte diese Dinge so gerne an die Leute in den Höhlen gegeben! Am Ende der Saison würde Eurocamp alles wegwerfen, 30 Grills, die einfach so im Müll landen würden...
Aber im Laufe der Zeit fand ich meinen eigenen Weg damit umzugehen. Ich nahm alles mit, nutzte es selber, verteilte es an Nachbarn, Freunde, neue Gäste und wurde alles los.
Es war also möglich. Das führte die Verantwortung zurück zu jedem selber, ob er sich die Arbeit machte alles zu verteilen oder den einfachen Weg wählte und beim Saubermachen schnell alles in den Papierkorb warf...
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Kunst in Caorle |
Ich mochte die Arbeit an sich nicht besonders, denn am Ende bestand sie die meiste Zeit aus Putzen.
Am Nachmittag waren wir in der Rezeption und empfingen neue Gäste, zeigten Ihnen ihr neues zu Hause und kümmerten uns um Probleme. Es fehlten Dinge, das Gas musste ersetzt werden, die Leute wollten näher an ihren Freunden wohnen und das Haus wechseln, sie brauchten Hilfe bei der Bedienung von Gegenständen...
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Die Rezeption von Eurocamp neben den Rezeptionen von anderen Ferienanbietern. |
Die meisten Leute, die für Eurocamp arbeiteten, waren jung und hatten gerade ihr Abitur gemacht. Am Ende verstand ich dieses System. Wenn man das erste Mal "frei" ist, dann putzt man gerne für einen minimalen Lohn, nur um "raus" zu sein, mit anderen jungen Menschen und freut sich noch, dass man überhaupt Geld bekommt. Niemand schrieb sich seine Arbeitszeit auf, außer ich. Nach meinen ersten zwei Wochen hatte ich bereits 17 Überstunden und nur weil ich mir die Stunden aufgeschrieben hatte, wusste ich davon und kämpfte für meine Rechte. Ich bekam die Zeit zurück. Die Anderen störte es einfach nicht ob sie zu viel arbeiteten.
Aber mich störte es schon deshalb, weil zu der bezahlten Arbeit noch eine Menge an unbezahlter Arbeitszeit dazu kam.
Das System der "ECO" bestet darin, dass man das Arbeitstelefon behält, den ganzen Tag und die ganze Nacht. Natürlich passiert auf diesem Platz nicht viel und die meiste Zeit geht man seinen eigenen Beschäftigungen nach.
Aber trotz allem ist diese Zeit verbunden mit einem ganzen Berg an Regeln. Man muss in seiner Arbeitsuniform sein, darf den Campingplatz nicht verlassen, nicht barfuss Laufen, nicht im Meer schwimmen gehen, keinen Alkohol trinken und jede Stunde bis 23 Uhr die Rezeption checken, denn die Kunden können Nachrichten auf einem Notizzettel hinterlassen. Die ganze Nacht über behält man das Telefon für den Fall der Fälle.
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Kunst in Caorle |
Für diese ganze Zeit, bekommt man nicht einen Cent bezahlt. Falls etwas passiert und man kurz arbeitet, dann bekommt man Geld für diese Minuten, doch der Rest ist eigene Freizeit.
Weil wir nur so wenige Mitarbeiter waren, hatte jeder von uns diesen Dienst zwei bis drei Tage jede Woche. Auf größeren Plätzen ist es weniger, aber die Zeit ist intensiver, da mehr passiert.
Nicht eine einzige Person die ich traf, kritisierte dieses System. Es ist schon immer so, normal.
Vielleicht geht es euch Lesern ja genauso und ihr denkt euch "das kann man doch mal machen für die Firma". Aber so lange ich auch darüber nachdenke, mir erscheint es einfach nicht fair.
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In der Umgebung. Alte Ferienstätten. |
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Ein neues zu Hause für einen Obdachlosen, den man in dieser Luxuswelt kaum erwartet. |
Eine Sache, die mir wiederum sehr gut gefiel, war, dass ich ein Fahrrad zur Verfügung gestellt bekam!
Wenn wir den Gästen ihre Unterkunft zeigten, fuhren wir mit dem Fahrrad voran und sie folgten uns.
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Mein Fahrrad für die Arbeit. |
Das Fahrrad war aber auch für die Freizeit gut, denn es war ein Weg, endlich einmal rauszukommen.
Meinen ersten kleinen Urlaub unternahm ich allerdings mit einer Freundin und dem Bus nach Venedig.
Was für eine wunderschöne Stadt!
Man kommt mit keinem Verkehrmittel hindurch, Laufen ist der einzige Weg. Denn die Straßen sind Flüsse und an ihren Ufern führen kleine, gemütliche Straßen entlang, die aber schon nach wenigen Metern wieder in einer Brücke mit Stufen enden. Auch ein Fahrrad ist hier also unangebracht.
Natürlich ist ein Boot eine Lösung. Aber die Fahrt mit einer Gondel ist wohl eher eine Touristensache, kostet sie doch 80 Euro für eine halbe Stunde pro Gondel (max.6 Personen).
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Mit der Gondel durch Venedig |
Es gibt auch Wassertaxis, normale Boote die Einen überall hinbringen. Aber auch die sind teuer.
Wir entschieden uns gegen eine Fahrt. Aber es ist auch so unglaublich entspannend, einfach nur am Ufer zu sitzen und den vorbeifahrenden Gondeln zuzuschauen. Der Fahrer stand im hinteren Teil der Gondel und sein Paddel war ziemlich lang. Immer wenn eine Brücke kam, musste er sich ducken, um sich nicht den Kopf zu stossen. Ich bemerkte, dass die meisten Fahrer Männer waren und ein Fahrer erzählte mir, dass sie oft den Job von ihrem Vater übernehmen.
Manchmal fuhr eine Gondel vorbei, in der ein Akkordeonspieler spielte und ein Italiener sang. Es klang traumhaft und ich hätte gerne seinen Job übernommen und Musik in einer Gondel gemacht.
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"Murano-Glas", Murano ist eine Insel in Venedig und die Stadt ist berühmt für dieses handgemachte Glas. |
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Gebiet der Armee |
Wir übernachteten auf einem kleinen Campinplatz gleich in der Nähe und ich wäre am liebsten gleich dort geblieben und hätte dort weiter gearbeitet. Klein und gemütlich, nur ein Restaurant und nicht einmal eine Küche. Das ganze Ambiente hier erschien anders, die Leute, die hierher kamen, waren meist Backpacker ohne viel Geld und Abenteurer. Nicht so sehr Strandtouristen, denn hier gab es ja keinen Strand.
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Unsere Unterkunft für eine Nacht |
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So werden hier die benutzten Laken zur Reinigung gefahren! |
Mein nächstes kleines Abenteuer untenahm ich mit dem Fahrrad, alleine.
Ich wollte nach "Portogruaro" fahren, eine Nacht auf einem Zeltplatz oder einfach im Freien übernachten und am nächsten Tag zurückkommen.
Die 25 km stellten sich schon bald als 35 km heraus und ich war gerade einmal 15 km gefahren, da machte es ein lautes Geräusch und die Kette sprang heraus. Ich wollte sie wieder einhängen, aber irgend etwas hatte sich verbogen und nun hing die hintere Gangschaltung immer in den Speichen.
Naja, weit war ich ja nicht gekommen. Ein Fahrradladen war natürlich nicht in der Nähe, aber immerhin ein Haus.
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Die Stelle, an der mein Fahrrad kaputt ging, war immerhin eine schöne Stelle. |
Ich näherte mich dem Haus und wurde von bellenden Hunden empfangen. Die Frau, die nun erschien, sprach kein Englisch, aber mit "Fahrrad kaputt" auf italienisch, konnte ich mich schon verständlich machen. Aus ihrer Reaktion deutete ich, dass sie keine Ahnung hatte von Fahrrädern. Ich fragt "Mann?" auf italienisch und sie schüttelte traurig den Kopf und ich verstand genug italienisch, um zu hören, dass er gestorben war...
Also wollte ich mein Glück im Haus gegenüber versuchen und schob mein Fahrrad hinüber. Wirklich gestresst war ich nicht, denn ich hatte schon gesehen, dass dies hier eigentlich eine schöne Stelle zum campen war. Im schlimmsten Fall musste ich mein Fahrrad am nächsten Tag 15 km schieben.
Aber ich war noch nicht bei der Nachbarfarm angekommen, da sah ich einen Rennradfahrer in professioneller Kleidung vorbeirauschen. Ich schrie ihn fast an, ob er bitte halten würde, denn das letzte Mal als ich das versucht hatte, war der Fahrer einfach schnell weiter gefahren und hatte den Kopf geschüttelt. Es könnte ja die schnelle Zeit zerstören, wenn er mir den Weg erklären müsste und dann wäre er weniger professionell.
Dieser Mann hielt und ich konnte mich gar nicht genug bei dem Österreicher bedanken. Er renkte meine Gangschaltung wieder ein, sagte aber, dass ein Teil gebrochen war und wenn ich auch nur einmal an der Gangschaltung drehen würde, dann hinge sie wieder in den Speichen.
Super. Ich konnte also nur noch im Gang 1 und 1 umher fahren, im Allerniedrigsten.
Naja, immerhin konnte ich überhaupt fahren.
Ich fuhr noch 3 km weiter, kaufte mir etwas zu Essen und kam dann wieder zurück zur selben schönen Stelle, an der ich schliesslich die Nacht im "Biwak" verbrachte. Ein Biwak ist wie ein Sack zum Regenschutz, in den man hinein kriecht.
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Eine Nacht im "Biwak", am Fluss, mit einer netten Frau in ihrem Haus gleich in der Nähe, einem Fluss und einer Menge Mücken. |
Am nächsten Tag wurde ich schon früh um 8 Uhr von einer unglaublichen Hitze geweckt und ich versuchte es mit einem Bad im Fluss, dass sich als echtes Abenteuer herausstellte. Nicht nur, dass es das Terretorium von einigen Schwänen darstellte, die mich vertreiben wollten. Der Strand war so schlammig, dass ich knöcheltief versank und einfach hoffte, dass ich nicht noch weiter eingehen würde. Bevor ich in sauberes Wasser kam, musste ich erst durch eine Schicht Algen und so sehr mich das auch gruselte, bei dieser Hitze hätte ich wohl alles getan, um meine Haare nass zu bekommen.
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Erst durch knöcheltiefen Schlamm, dann durch Algen und schliesslich nicht von den Schwänen vertreiben lassen... was tut man nicht alles für ein Bad in der Hitze |
Danach fuhr ich zurück zum Zeltplatz und das dauerte seine Zeit. Aber es war ja nicht schlimm, ich hatte ja keinen Stress.
Eine Sache, die mich die 7 Wochen Arbeitszeit wie geplant durchhalten ließ, waren wohl die anderen Menschen. Ich kam gut klar mit meinen Kollegen und da wir nur so wenige waren, kamen wir auch gut klar mit den Kollegen der anderen Ferienanbieter.
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Mit den Kollegen. Die Tüten auf dem Kopf dienen als Regenschutz. |
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Picknick am Strand |
Es ist eine ungewöhnliche Tradition, aber jedes Jahr am 25. Juni, feiern die Kollegen von Eurocamp gemeinsam Weihnachten! Halbzeit...
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Der Weihnachtsbaum... |
Wir luden natürlich auch die anderen Kollegen ein, zwei Mädels sorgten für eine umwerfende Dekoration, alle sorgten für ein leckeres Buffee und wir überreichten sogar kleine Geschenke!
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Liebevolle Dekoration... |
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Kleine Geschenke... |
Es gibt noch eine allerletzte Geschichte die ich erzählen möchte, da sie mich vollkommen durcheinander brachte und berührte...
Eines Tages saß dort plötzlich eine kleine Amsel vor dem Wohnwagen unserer Nachbarn. Wir beobachteten sie für Stunden, aber keine Mutti kam, um sie zu füttern. Wir fanden auch kein Nest, aus dem sie hinausgefallen sein konnte. Ich las, dass Amseln, bevor sie fliegen lernen, aus dem Nest gehen, aber ihre Mutter sie trotzdem noch füttert.
Doch wir sahen den ganzen Tag keine Mutti, die die kleine Amsel fütterte.
Ich wollte und konnte die kleine Amsel nicht einfach sich selbst überlassen und beschloss, die Verantwortung für sie zu übernehmen. Das hatte ich mir als Kind schon gewünscht!
Innerhalb von Minuten ging ich so sehr in meiner neuen Aufgabe auf, dass ich sie ständig beobachtete und das ganze Internet nach Informationen durchforstete!
Ich fand heraus, dass ich sie fürs Erste mit Erdbeeren füttern konnte und genau das tat ich. Alle paar Minuten, sie piepste ständig nach Futter.
Schon nach wenigen Minuten hatte sie sich so sehr an mich gewöhnt, dass meine Freunde bemerkten, sie liefe die ganze Zeit hinter mir her.
Ich wollte das nicht glauben und probierte es aus.
Und wirklich - wenn sie meine Stimmer hörte, kam sie direkt in meine Richtung gelaufen und war ich eine Weile nicht da und kehrte dann zurück, piepste sie mich an und öffnete ihren Mund zum füttern.
Ich fand eine Kiste und machte es ihr gemütlich. Natürlich wäre es Draußen am gemütlichsten für sie, aber da hier jede Menge Katzen umher liefen, wollte ich es nicht riskieren und nahm sie für die Nacht mit ins Zelt. Ich legte die Kiste mit Sand aus, mit Gras, mit Erde... alles, um es so natürlich wie möglich zu gestalten. Ich las, dass die kleinen Vögel lieber in Gesellschaft sind, kaufte ein kuscheliges Handtuch und bekam von den Nachbarn ein Kuscheltier geschenkt.
Sie war gesund, schien zufrieden und schlief die Nacht gemütlich in ihrer Kiste. Irgendwie hatte ich kaum Zweifel, dass sie es schaffen würde bald zu fliegen, so gut ging es ihr.
Aber ich sah mich plötzlich einigen größeren Entscheidungen gegenüber, die ich am liebsten nicht treffen wollte. Erdbeeren waren für den Anfang gut als Nahrung, aber würde ein Vogel nur mit Erdbeeren überleben können?
Immer wieder las ich, dass ich Fliegen und Insekten fangen sollte um sie ihr zu füttern, was mich aber wiederum zu einer großen, philosophischen Frage führte, die ich bis jetzt nicht beantworten konnte... Normalerweise töte ich keine Insekten, warum auch, sie sind mir ja nicht im Weg.
Wer bin ich nun, dass ich die Entscheidung über Leben und Tod treffen soll. Ich entscheide, dass unzählige Insekten sterben müssen, damit dieser eine Vogel überleben darf... War es für diesen Vogel wirklich vorgesehen zu überleben und war es für diese Insekten wirklich vorgesehen zu sterben? Oder hatte ich das jetzt einfach so beschlossen?
Ich merkte plötzlich, wie ich, in dem Moment in dem ich den Vogel "übernahm", in die Natur eingegriffen hatte und diese Verantwortung kaum übernehmen wollte. Natürlich fängt und frisst ein Vogel Fliegen und Würmer und die Insekten sterben genauso.
Aber in diesem Kreislauf bin ich eben eigentlich nicht vorgesehen, obwohl ich als Mensch natürlich genügend Kraft und Weitblick habe, um zu wählen, wen ich sterben oder überleben lasse...
Sie weckte mich am nächsten Morgen schon gegen 6 Uhr und ich begann sie alle halbe Stunde zu füttern, wenn auch etwas ungeduldig.
Aber ich musste an diesem Tag arbeiten und unglücklicherweise war es der geschäftigste Tag, in meinen ganzen 7 Wochen Arbeitszeit. Die Beiden Tage danach hatte ich frei.
Für diesen einen Tag musste ich mir etwas überlegen und nur weil ich Angst hatte, dass die Katzen kommen würden, setzte ich sie für den Tag in die Kiste und machte einen Deckel darauf für den Schatten, an den Seiten waren Luftlöcher.
Vielleicht würde ich anders entscheiden, wenn ich diese Entscheidung noch einmal treffen müsste. Ich konnte nicht weg um nach dem Vogel zu sehen, nicht einmal ein paar Minuten, weil ich eine Arbeit machte, die ich nicht einmal wirklich mochte.
Als ich nach der Arbeit wieder kam, ging es ihr schlecht. Sie konnte nicht einmal mehr piepsen, so wenig Kraft hatte sie. Ich gab ihr Wassertropfen, las aber gleichzeitig im Internet, dass sie daran "ertrinken" konnte, wenn sie in die falsche Röhre gelangten. Eine weitere Entscheidung. Würde ich ihr nichts zu trinken geben, würde sie an Dehydrierung sterben, das war abzusehen. Würde ich ihr Trinken geben, konnte sie ersticken. Super, zwei tolle Auswahlmöglichkeiten. Wie musste es Ärzten jeden Tag bei ihrer Arbeit gehen?
In meiner Hilflosigkeit hielt ich sie für eine weitere Stunde in meinen Händen, gab ihr Trinken und wusste nicht ob sie nur ruhig war, oder schon fast gestorben. Ich hätte so gerne ihr Piepsen noch einmal gehört, wenn sie hinter mir her lief, aber sie hatte einfach keine Kraft mehr!
Ich sah den Moment genau, in dem sie starb. Es war der letzte Tropfen Wasser. Vielleicht der Eine zu viel. Vielleicht hätte sie ihn gar nicht mehr gebraucht. Sie streckte mir ihr kleines Köpfchen entgegen und ihren offenen Schnabel in die Luft, schenkte mir ihr Vertrauen ein letztes Mal. Der Tropfen war zu groß und er kam zu schnell, dass merkte ich, konnte ihn aber nicht mehr stoppen.
Es war fast friedlich, wie sie für einen Moment den Atem stoppte, es war kein verzweifeltes Ringen, eher wie eine ruhige Pause. Eine Pause bevor sie friedlich die Augen schloss und ganz ruhig wurde. Es war vorbei. Sie lag in meiner Hand und fühlte sich genauso an wie vorher, denn da hatte sie sich ja auch nicht mehr viel bewegt. Warm war sie auch noch.
Ich ging für einige Zeit weg. Dann kam ich wieder, nahm sie und suchte die einzige, natürlich schöne Stelle in der Umgebung auf. Ich begrub sie nicht einmal, da ich keinen Dreck auf sie werfen wollte. Lieber ließ ich sie ruhig im Gras liegen und falls irgendwer Anders an ihrem Körper Gefallen finden würde, dann sollte er. Vielleicht würde ja wenigstens ein Anderer durch sie überleben können, wenn ich es schon nicht geschafft hatte, sie zu retten.